PROJEKT 2010/11 – Mediale Wechselwirkungen – TEILPROJEKTE

Pictura, figura und Text im Breviculum des Thomas Le Myésier

Hanna Wimmer

Nach dem Tod des Philosophen und Theologen Ramon Llull 1316 fertigte sein Schüler Thomas le Myésier, Gelehrter und Leibarzt der Königinmutter am französischen Hof, Zusammenfassungen der ars seines Lehrers an. Autographen zweier dieser Werke sind überliefert: neben einer langen Schrift, dem so genannten Electorium, das er für die Magister der Pariser Universität schrieb, schuf er ein kürzeres Werk, das so genannte Breviculum (Karlsruhe, Badische Landesbibl., Cod. St. Peter perg. 92), das er Johanna von Burgund-Artois, der Frau König Philipps V. von Frankreich, zum Geschenk machte. Den Erläuterungen zur Philosophie Llulls vorgestellt ist im Breviculum ein zwölfteiliger Miniaturenzyklus. Bestehend aus Bildern, die biographisch-narrativer, schematischer und allegorischer Art sind, und Texten, die die Form direkter Rede der dargestellten Personen, Beschriftung von Diagrammen und Allegorien, kontextualisierender Erzählung und erläuterndem Kommentar annehmen, bilden sie einen intellektuell wie künstlerisch anspruchsvollen Text-Bild-Komplex.

Obwohl einerseits die Textelemente und andererseits Stil und Bildthemen der Miniaturen, insbesondere Viten- und Kreuzzugsthematik, jeweils für sich in der Forschung bereits Beachtung gefunden haben, steht eine Untersuchung des Zusammenspiels der zahlreichen verschiedenen Text- und Bildtypen, das den Einführungszyklus auszeichnet, im Hinblick auf den ihm folgenden Text noch aus. Ausgehend von einer solchen Untersuchung soll die Medialität von Wissensvermittlung als eine wichtige Thematik des Zyklus’ selbst herausgearbeitet werden und nach Bezügen zur Didaktik Ramon Llulls und den epistemologischen Grundlagen seiner ars gefragt werden.