PROJEKT 2005/06 – »Inszenierungen der Küste« – TEILPROJEKTE

»Maritime Denkmals(er)findung. Ein Küstenort inszeniert sich«

Brigitta Schmidt-Lauber

Die Volkskundlerin Brigitta Schmidt-Lauber untersucht gegenwärtig ablaufende Prozesse der Inszenierung der Küste. Das Thema wird in einer mikroanalytischen Studie am Beispiel des Nordsee-Küstenkurortes Carolinensiel verfolgt.
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung stehen die lokalen Aktivitäten für ein Ortsjubiläum: Carolinensiel feierte im Jahr 2005 sein 275-jähriges Bestehen.

Zu diesem Zweck haben Honoratioren ein Küstendenkmal initiiert, mit dem sich Carolinensiel nach innen wie außen eine Identifikationsfigur und ein Wahrzeichen schafft: Eine Frauenfigur, die weder – wie sonst bei Küstenskulpturen üblich – eine Fischerin noch eine zurückbleibende, wartende Frau darstellt, sondern eine Person, die die Bedeutung tatkräftiger Frauen im wohlhabenden Küstenort des 19. Jahrhundert repräsentieren soll.

Auf der Basis teilnehmender Beobachtung sowie anhand qualitativer Interviews mit Repräsentanten des Ortes, Entscheidungsträgern aus der Denkmalkommission, Künstlern, Einheimischen, Zugereisten sowie Besuchern werden die diskursive Aushandlung über das Aussehen der Skulptur und ihre Bedeutung sowie die performative Inszenierung der Jubiläumsfeier erforscht. Die Diskussionen zur Erschaffung der Skulptur zeigen das fortwährende Bemühen Carolinensiels um lokale Distinktion als »einzigartiger« Sielhafen. Dabei spielen wirtschaftliche Argumente des sich wandelnden Fremdenverkehrs an der Küste sowie persönliche Motive der beteiligten Akteure, aber auch Bemühungen um die lokale und regionale Identität, die gezielt inszeniert und geschaffen wird, zusammen. Das in der »Caroline« genannten Skulptur nach außen sichtbare und vorgeführte »Bild der Nordsee« soll damit in seinem Entstehungsprozess als Ergebnis von Entscheidungen und sozialen Aushandlungen erkennbar werden.